Mein letzter Brief an den Narzissten – und der Moment der Befreiung
Du wirst diesen Brief wahrscheinlich nie lesen. Und selbst wenn – du würdest ihn nicht verstehen. Denn um ihn zu verstehen, müsste man fühlen können. Mitfühlen. Verstehen, was Worte wirklich bedeuten, wenn sie nicht nur aus dem Kopf kommen, sondern aus einer gebrochenen, aber erwachenden Seele.
Ich schreibe dir, nicht weil ich eine Antwort will. Nicht, weil ich dich überzeugen oder ändern möchte. Ich schreibe, weil ich endlich loslassen will – aus meinem Inneren heraus. Ich schreibe, weil du meine Gedanken viel zu lange kontrolliert hast. Und weil dieses letzte Wort mir gehört. Nicht dir.
Du hast mich zerstört – in kleinen, stillen Schritten
Du hast mich nicht angeschrien. Nicht immer. Du hast mich nicht geschlagen. Du warst viel geschickter als das. Du hast Zweifel gesät. Du hast mich glauben lassen, dass ich überempfindlich bin. Dass ich falsch sehe. Dass ich zu viel will, zu viel spüre, zu viel denke.
Du hast mich umarmt und gleichzeitig zerschnitten. Du hast mir Hoffnung gemacht – und dann eiskalt entzogen. Du hast mich idealisiert, nur um mich dann zu erniedrigen. Ich war dein Spiel. Dein Spiegel. Dein Ziel.
Ich dachte, ich sei kompliziert. Emotional. Vielleicht sogar verrückt. Aber nein – ich war nur jemand, der dich geliebt hat. Jemand, der dachte, Liebe bedeutet, alles zu geben. Und der dafür lernte, sich selbst zu verlieren.
Ich habe mich selbst vergessen, um dich nicht zu verlieren
Ich erinnere mich an Nächte, in denen ich wach lag, weil du wieder stundenlang nicht geschrieben hattest. An Tage, an denen du mich wie Luft behandelt hast – nur um mich am nächsten Tag mit Worten zu überschütten, die wie Zucker schmeckten und wie Gift wirkten.
Ich habe alles analysiert. Jeden Blick. Jedes Wort. Ich habe mich gefragt, was ich falsch mache. Was ich ändern kann, damit du bleibst. Damit du wieder dieser Mensch bist, den du mir am Anfang gezeigt hast.
Aber jetzt weiß ich: Dieser Mensch war eine Maske. Eine Illusion. Und ich habe so sehr gehofft, dass sie echt ist, dass ich bereit war, mich selbst dafür zu verraten.
Du hast mich gebraucht – aber nie geliebt
Was du brauchtest, war Bewunderung. Kontrolle. Aufmerksamkeit. Du brauchtest meine Energie, meine Unsicherheit, meine Liebe – aber nicht mich. Nicht wirklich mich. Du wolltest ein Spiegelbild, das dich verherrlicht. Kein Gegenüber mit eigenem Licht.
Und jedes Mal, wenn ich den Kopf hob, jedes Mal, wenn ich anfing zu zweifeln oder mich zu wehren, hast du mich subtil zerstört. Du konntest keinen Widerspruch ertragen. Keine Schwäche, die deine eigene spiegelte. Keine Stärke, die dich in Frage stellte.
Aber ich sehe dich jetzt – klarer als je zuvor
Ich sehe dein Spiel. Deine Muster. Deine Maske. Ich sehe, wie du mich klein gemacht hast, um dich groß zu fühlen. Ich sehe, wie du Mitgefühl vorgetäuscht hast, nur um es später gegen mich zu wenden. Wie du Schwäche in mir gesucht hast, um sie zu deiner Stärke zu machen.
Und weißt du was? Ich sehe mich jetzt auch. Nicht mehr als Opfer. Nicht mehr als gebrochene Version von dir. Sondern als Mensch mit einer Stimme, mit Würde – mit einem Herzen, das langsam wieder heilt.
Ich werde dich nicht mehr retten – ich rette jetzt mich
Ich habe so oft gehofft, dass du erkennst, was du mir antust. Dass du dich änderst. Dass du endlich ehrlich bist. Doch ich habe verstanden: Du wirst dich nicht ändern, weil du dich selbst nicht erkennen kannst. Und ich bin nicht mehr verantwortlich für deine Dunkelheit.
Ich habe aufgehört, dich zu erklären. Ich habe aufgehört, dich vor anderen zu verteidigen. Ich habe aufgehört, mich zu entschuldigen für Dinge, die du getan hast.
Ich wähle mich. Heute. Morgen. Und jeden Tag danach.
Das Schweigen, das jetzt folgt, ist mein Schutz – nicht dein Triumph
Vielleicht wirst du sagen, ich sei egoistisch. Kalt. Undankbar. Vielleicht wirst du versuchen, mich als das Problem darzustellen – wie du es immer getan hast, wenn ich dir entglitten bin.
Aber dieses Schweigen ist kein Zeichen von Schwäche. Es ist der Klang meiner Heilung. Ich gehe nicht, um dich zu bestrafen. Ich gehe, weil ich nicht länger mit jemandem bleiben kann, der mich zerbricht, nur damit er sich selbst spürt.
Und trotzdem – danke
So absurd es klingen mag: Ich danke dir. Nicht für den Schmerz. Nicht für das Gift. Sondern für das Erwachen. Für das, was ich durch dich über mich gelernt habe. Für die Stärke, die ich in mir finden musste, um dich zu überleben.
Du warst mein Lehrer – auf die brutalste Art. Und ich bin nicht mehr dieselbe. Ich bin stärker. Klarer. Und ich bin frei.
Dies ist mein letzter Brief an dich – aber mein erster Brief an mich selbst
Ich schreibe diese Zeilen nicht, um dich zu erreichen. Ich schreibe, um mich selbst zu befreien. Um diesen Teil meines Lebens abzuschließen, der zu viel Raum, zu viel Schmerz, zu viel Macht hatte.
Dies ist mein letzter Brief an den Narzissten.
Und mein erster an die Frau, die ich werde.
Frei. Wahrhaftig. Und voller Leben.





