Ich will dir schreiben, aber ich weiß, es ist eine schlechte Idee

Ich will dir schreiben, aber ich weiß, es ist eine schlechte Idee

Ich sitze hier, mit dem Handy in der Hand, und dein Name brennt sich in meine Gedanken ein. Mein Daumen schwebt über der Tastatur, tausend Worte wirbeln in meinem Kopf herum. Ich will dir schreiben.

Ich will dich wissen lassen, was in mir vorgeht, wie sehr ich dich noch immer vermisse, wie sehr du noch immer ein Teil von mir bist, obwohl wir längst getrennte Wege gehen. Aber ich weiß, es ist eine schlechte Idee.

Es wäre so einfach, nur ein kurzes „Hey, wie geht’s dir?“ zu schreiben. So harmlos, so unscheinbar. Und doch weiß ich genau, dass hinter diesen wenigen Worten eine Lawine steckt. Eine Lawine aus Gefühlen, Erinnerungen, Sehnsüchten.

Ich weiß, dass wir uns beide nur selbst belügen würden, wenn wir es erneut versuchen. Dass wir alte Muster wiederholen würden. Dass es nicht bei freundschaftlichem Smalltalk bleiben würde. Zu viel Geschichte. Zu viel Anziehung. Zu viel, das wir nie richtig aufgearbeitet haben.

Ich will dir schreiben, weil ich mich manchmal frage, ob du auch an mich denkst. Ob du dich erinnerst, wie wir Nächte lang geredet und gelacht haben. Ob du noch weißt, wie es sich angefühlt hat, als wir dachten, wir könnten gemeinsam die Welt verändern.

Ich frage mich, ob es auch Momente gibt, in denen du beinahe zum Handy greifst, so wie ich jetzt. Aber dann halte ich inne. Denn was, wenn es nicht so ist? Was, wenn mein Name bei dir längst verblasst ist, wenn meine Worte dich kaltlassen oder dich sogar verletzen?

Ich will dir schreiben, aber ich habe Angst vor dem Schweigen. Angst, dass du nicht antwortest. Angst, dass du antwortest – aber kühl, distanziert, als wäre nichts gewesen. Ich habe Angst, dass ich mich klein mache, wenn ich mich melde.

Dass ich dir Macht über meine Gefühle gebe, die ich mir mühsam zurückgeholt habe. Ich habe so lange gebraucht, um mich zu sammeln, um wieder zu atmen, ohne dass dein Name bei jedem Atemzug mitschwingt.

Ich will dir schreiben, aber ich weiß, dass ich mich damit selbst sabotiere. Ich habe Fortschritte gemacht. Ich bin gewachsen. Ich habe gelernt, mich selbst wieder an erste Stelle zu setzen.

Es gab eine Zeit, da habe ich mich verloren, weil ich zu sehr bei dir war. Weil ich meine Wünsche, meine Grenzen, mein Selbst aus den Augen verloren habe. Jetzt finde ich mich langsam wieder. Und deine Nachricht würde mich nur zurückwerfen. Ich weiß das.

Es gibt so viele Dinge, die ich dir noch sagen möchte. Fragen, die unbeantwortet geblieben sind. Gedanken, die nie ausgesprochen wurden. Aber vielleicht muss ich akzeptieren, dass ich diese Antworten nicht mehr von dir bekommen werde.

Vielleicht ist es besser, die Tür geschlossen zu halten, anstatt sie einen Spalt weit zu öffnen und die Vergangenheit wieder hereinzulassen.

Ich will dir schreiben, aber ich will nicht, dass du siehst, wie oft ich noch an dich denke. Ich will nicht, dass du erkennst, wie schwer es mir fällt, dich loszulassen. Ich will stark sein. Ich will mir selbst beweisen, dass ich dich hinter mir lassen kann, auch wenn ein Teil von mir immer einen kleinen Platz für dich behalten wird.

Ich will dir schreiben, aber stattdessen lege ich das Handy weg. Ich atme tief durch. Ich erinnere mich daran, wie weit ich gekommen bin. Daran, dass mein Leben auch ohne dich schön sein kann – vielleicht auf eine andere Art, aber nicht weniger wertvoll.

Ich will dir schreiben, aber ich entscheide mich dafür, es nicht zu tun. Aus Liebe zu mir selbst. Aus Respekt vor dem, was ich schon geschafft habe. Und weil ich weiß: Manche Geschichten gehören nicht neu geschrieben, sondern abgeschlossen.

Author

  • Melina Lauer Fuchs

    Ich bin Melina, Autorin dieses Textes. Mit meinen Worten möchte ich berühren, aufrütteln und zum Nachdenken anregen. Themen wie emotionale Verletzungen, familiäre Muster und inneres Wachstum begleiten mich seit vielen Jahren – beruflich wie persönlich. Wenn du dich in meinen Zeilen wiederfindest, dann weißt du: Du bist nicht allein.

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